Am Anfang war Alfa!
Beginnt eine solche Geschichte, die Geschichte einer der bedeutendsten Automarken der Automobilgeschichte bei "Adam und Eva"? ; oder viel mehr noch früher, nämlich damals, als der liebe Gott zum ersten Mal sagte: "Es werde Licht!"?
Schwer! Aber richtig ist, dass der erste Formel 1 Weltmeister einen Alfa Romeo fuhr, - waren die damals nicht in Mailand, der Romeo und die anderen alle? - aber am Anfang war doch Alfa, oder etwa nicht? Oder war da noch einer?
Alexandre
Darracq, Franzose, mehr Geschäftsmann als ein Techniker, Fahrradhersteller und
zeitweise tätig in der Motorradindustrie, erwarb im Jahr 1899 die Patentrechte
für ein Auto, welches ein anderer Franzose, ein gewisser Léon Bolléé baute.
Darracq baute ab nun Autos mit Ein- und Zweizylindermotoren (Leistung zwischen 5
und 9 PS) und nahm an Rennen mit ihnen teil.
Ab
1902 wurde Darracq mit englischem Kapital finanziert. Darracq verbesserte die
Technik (ehemalige verstärkte Holzfahrgestelle wurden durch
Stahlblechpressrahmen ersetzt), verbesserte die Leistung (12 PS) und nahm
weiterhin an Rennen mit seinen Autos Teil. Das war nicht schlecht, denn die
Wagen waren sehr erfolgreich bei diesen Rennen, wurden aber durch die vielen
Verbesserungen immer teurer (30- 50.000 Schilling). Und das passte diesem
Darracq überhaupt nicht in den Kram. So beschloss er nun im Jahr 1907 zwei neue
Modelle auf den Markt zu bringen. In der 1906 von J.S. Smith-Winby
(Vorstandsvorsitzender der Firma Darracq) angekündigten, in Suresnes neu
gebauten Fabrik wurden ab nun ein 1000 ccm Wagen mit 7 PS um knapp über 20.000
Schillinge und ein 1500 ccm Modell mit 10 PS um weniger als 30.000 Schillinge
gebaut, die anderen Modelle wurden dabei selbstverständlich weiter produziert.
Aber Darracq wollte mehr, er wollte nach Italien. Dort längst bekannt (was er hauptsächlich Ernesto Werheim, welcher die Niederlassung in Turin führte und dem Darracq-Repräsentanten Agostinelli in Rom zu verdanken hatte), gründete er schon 1906 die Società Anonima Italiana Darracq, anfangs mit Sitz in Neapel, später dann in Mailand.
Auf
32.000qm wurden in Portello ab nun Zwei- und Vierzylinder gebaut. Darracqs Idee
war, dass das Werk in Suresnes Rohteile nach Italien liefert und dort der
Zusammenbau und die notwendigen Nacharbeiten erfolgen sollten, doch nach nur
zwei Jahren war Portello völlig bankrott. Der erste Grund für den Bankrott war,
da die Wagen leider schlecht motorisiert waren und zudem auch
unterdimensionierte Bremsen hatten, waren sie zwar als Taxi sehr geeignet, doch
in den engen Bergstraßen Norditaliens unbrauchbar. Der zweite, weitaus
wichtigere Grund war allerdings, die mangelnde Kooperationsgemein- schaft des
französischen Werkes. Die Italiener mussten erkennen, dass ihnen minderwertiges
und zum Teil unbrauchbares Material geliefert wurde. Böse Zungen behaupteten,
dass der Handel mit Darracq wohl keine so gute Idee gewesen sei. Ein weiterer
Grund für die leeren Hallen in Portello war auch die große wirtschaftliche
Flaute nach dem Boom von 1906 - 1907, von der die französische Autoindustrie
besonders getroffen wurde. 1909 wurde dann der Bau des Einzylinders eingestellt
und ein Jahr darauf auch der Zweizylinder.
Alexandre
Darracq war zuviel Geschäftsmann, er hatte finanzielle Gründe, das Werk in
Italien fallen zu lassen, nicht so einige Mailänder Geschäftsleute, welche noch
1910 voraus sahen, dass die Herstellung eines rein italienischen Automobils in
der ehemaligen Darracq-Fabrik vor den Toren Mailands sowohl dem Ansehen, als
auch der Wirtschaft der Stadt von großem Nutzen sein würde. Dank einer Gruppe
einflussreicher lombardischer Finanziers erhielten sie von der Banca Agricola di
Milano eine Anleihe über eine halbe Million Lire, zahlten Darracq aus und
änderten den Firmenname in Società Anonima Lombarda Fabbrica Automobili, viel
mehr bekannt (ohne dem "S" für Società) als A.L.F.A..
Die
ersten Autos, welche man nun produzierte, stammten zwar noch von Darracqs Ein-
und Zweizylindermodellen ab, doch schon bald bauten die Italiener eigenständige
Autos. Es handelte sich dabei um drei Typen: den 15/20 hp mit2413 ccm, den20/30
hp mit 4084 ccm und den 40/60 hp mit 6082 ccm, welcher damals mit 82 PS
angegeben wurde. Cavaliere Giuseppe Merosi entwarf alle drei Motoren, bei denen
es sich um Seitengesteuerte Vierzylinder handelte. Es waren robuste und solide
Autos, welche der neuen Marke alsbald zu einer größeren Bekanntheit in Italien
verhalfen als Darracq sie hatte; innerhalb weniger Jahre beschäftigte die Fabrik
über 300 Mitarbeiter und produzierte bis zu 350 Autos im Jahr, welche vorerst
kaum exportiert wurden.
1911
nahm A.L.F.A. erstmals offiziell an Rennen Teil. Erster großer Auftritt war die
Targa Florio (Sizilien), wo leider beide Wagen ausfielen. Die Fahrer damals
waren Franchini und Ronzoni, vermutlich beide auf einem 20/30er. Nach
erfolgloser Teilnahme an der "Targa" von 1912 verzichtete man 1913 darauf, mit
einem A.L.F.A. dort zu starten, allerdings wurde Franchini zweiter in einem
40/60er beim berühmten Bergrennen Parma - Boggio de Berceto. 1914 durchfuhr
Giuseppe Campari den fliegenden Kilometer mit 147,5 km/h. Dieser Wagen hatte
einen Vierzylindermotor mit 4,5 Liter Hubraum. Bei der Targa Florio im selben
Jahr scheiterten drei A.L.F.A. abermals, doch wurden Campari und Franchini
Vierter und Dritter bei der Coppa Florio 1914 auf dem 443 km langen Rundkurs von
Mandonie.
Trotz
der Bekanntheit der Wagen, zumindest in Italien hatte die Marke aber große
finanzielle Schwierigkeiten, doch mit der Übernahme des Werkes durch Nicola
Romeo 1915 - der 1. Weltkrieg war mittlerweile voll im Gang - begann für
A.L.F.A. eine neue Ära. Eingeleitet hat diese Übernahme der damalige
Hauptaktionär, die Banca di Sconto, denn schon seit längerem war Romeo
Vorsitzender eines Zusammenschlusses von Maschinenbauunternehmen in Städten wie
Trient, Triest und Gorizia. Im Februar 1918 wird diesem Industrieimperium der
Name "Società Anonima Italia Ing. Nicola Romeo & Co." gegeben. Zu dieser Zeit
stand die Automobilproduktion noch immer still, es verließen Kompressoren,
Eisenbahnteile, Traktoren und sogar Pflüge das Werk - und durch einen
Regierungsauftrag entstanden in den Spezialhochöfen Legierungen und Stahl,
welche für den Bau von Isotta-Fraschini V6 Flugzeugmotoren verwendet wurden.
Der
Krieg war zu Ende und Nicola Romeo, sowie seine Partner waren sofort von der
Idee begeistert, den Bau italienischer Sportwagen in Portello wieder
aufzunehmen. Schon im November 1918 begann die Produktion mit weiterentwickelten
Vorkriegsmodellen, wobei wieder Giuseppe Merosi für die Fahrzeugentwicklung
verantwortlich war. Auf dem Firmenzeichen war ab nun ALFA-ROMEO zu lesen.
© by Jürgen Schütz